Dem hannoverschen Landbuch Verlag kann nicht übel genommen werden, dass er diese zwar harte, aber ins Schwarze treffende Zuschrift (aus verständlichen Gründen!) nie veröffentlicht hat.
LESERBRIEF zum Beitrag der Dipl.-Biol. Claudia Menzel vom Institut für Wildtierforschung
an der Tierärztlichen Hochschule Hannover, Nds. Jäger 1/2001

Jochen Schmidt
Am Bruchfeld 26
29308 Winsen/Aller

18.01.2001

Niedersächsischer Jäger
Leserbrief-Redaktion
Fax 0511-67806-110


Der interessante Bericht der Diplom-Biologin Claudia Menzel vom Institut für Wildtierforschung (IWFo) über das Verhalten der Wildtiere in den so genannten Windparks bedarf einer Ergänzung: Durch den mehrmaligen Hinweis der Autorin auf die Wissenschaftlichkeit wird die Studie keinesfalls unangreifbarer. Wie oft schon wurde die Wissenschaft bemüht, um etwas zu beweisen, was die Auftraggeber bzw. die Finanziers der Order bestätigt! Ein Blick in die deutsche Geschichte oder auf das jüngste Beispiel der deutschen Politik, die BSE-Tragödie, genügt, um zu erkennen, wie schnell man "auf der Grundlage erprobter und anerkannter Methoden wissenschaftlich" daneben lag.
Die vielen Zahlen - 392 Reviere, 38 Landkreise, 52 Jägerschaften, 76 % aller in Betrieb genommenen WKA, 66 % der Revierinhaber usw. usw. - täuschen eine Objektivität vor, die an der Subjektivität des Menschen wie an seinem Gefühl, sich nicht vom politischen und gesellschaftlichen "Konsens" absetzen zu dürfen, scheitert.
Im Kommentar des Niedersächsischen Jägers zu den Ergebnissen der IWFo-Studie wird mit Recht die Frage gestellt: Warum bringen wir nicht einfach den Mut auf, frank und frei zu sagen, dass wir Menschen uns gestört fühlen, dass uns die ,Spargelstangen' nicht passen? Angesichts der deutschen Übertreibungen, der Krisen, Hysterien und Epidemien ergänze ich ohne Umschweife die Frage: Warum bleiben wir nicht wie andere auf dem Teppich und bemühen nicht den eigenen Verstand? So wie ein Leser der Frankfurter Rundschau kurz vor Weihnachten, der in einem Leserbrief den "Windmüllern" folgenden Text zum Fest ,bescherte': "Die im wahrsten Sinne des Wortes in den Himmel wachsenden Windkraftanlagen sprengen alle historischen Dimensionen. Doch so Schwindel erregend hoch die Windturbinen mit ihrer beeindruckenden Nennleistung (=Katalogleistung) sind, so Schwindel erregend niedrig ist ihr Effekt: bundesdurchschnittliche Auslastung = 15 %; Anteil am gesamten Energiebedarf = 0,08 %; Anteil aller sich 1999 in Bayern drehenden Windräder an der Ressourceneinsparung = 0,01 % = ein Zehntel Promille (laut Auskunft des bayerischen Wirtschaftsministeriums); Reduzierung des so genannten Treibhauseffekts = null!"
Lebte noch der Großmeister der Satire, Karl Kraus, würde er ganz sicher sagen: Natürlich sähen diese Zahlen und die windige Alternative weitaus besser aus, wenn bereits die vom alternativen Nobelpreisträger MdB Hermann Scheer ersehnten und "berechneten" 166.000 Wind"kraft"anlagen in Deutschland ständen, "nur alle 2,5 Quadratkilometer ein Windmast", wie der sozialdemokratische politische Rammbock der Windindustrie nicht müde wird zu betonen. Ganz sicher ist die Zeit nicht mehr fern, dass der vom Saulus zum Paulus gewandelte Doktor der Sozialwissenschaften, der ehemalige Bundeswehrsoffizier und Mitarbeiter am Kernforschungszentrum Karlsruhe, der heutige Pazifist und Präsident der europäischen Sonnenenergievereinigung, seine "Windmasten" "Raketen des Friedens" nennt, wie es ein BWE-Hurrapazifist in der Windmüllerzeitschrift NEUE ENERGIE vor wenigen Jahren (noch) getan hat.


Windmühlen stören Meister Lampe nicht

Studie: Von Windkraftanlagen gehen keine negativen Einflüsse auf den Lebensraum von Niederwild aus

HANNOVER taz Niederwild lässt sich von Wildmühlenflügeln nicht vertreiben: Reh und Hase, Rotfuchs und Rebhuhn, Fasane und Rabenvögel bleiben von den Maschinen zur umweltfreundlichen Stromerzeugung weitgehend unbeeindruckt. Dies ist das Ergebnis einer Studie zu "Windkraft und Wild", die ausgerechnet die niedersächsische Landesjägerschaft beim Institut für Wildtierforschung der Tierärztlichen Hochschule Hannover in Auftrag gegeben hatte.

Eine viertel Million Mark kostete die Studie, die die Diplombiologin Claudia Menzel in dreijähriger Forschung in Feld und Flur erarbeitete. Das Geld stellte das Land Niedersachsen aus Mitteln der Jagdforschung zur Verfügung. Das Ergebnis ist nicht das, was der Auftraggeber erwartet hatte. Befürchtungen, die es bei den Jägern gegenüber Windkraftanlagen gebe, hätten sich "in erstaunlicher Weise nicht bewahrheitet", sagte der Sprecher der niedersächsischen Landesjägerschaft Detlev Kraatz.

Die 34-jährige Diplombiologin Menzel untersuchte die Niederwildbestände um 36 Windkraftanlagen in den Räumen Hannover und Bremen. Einschließlich der windkraftfreien Kontrollgebiete wurden Populationen auf einer Gesamtfläche von 22,3 Quadratkilometern miteinander verglichen. Negative Auswirkungen der Windkraftanlagen auf die Tierbestände - Schattenschlag oder Flügelgeräusch - habe sie dabei nicht nachweisen können, sagte Claudia Menzel. Alles deute daraufhin, dass Windturbinen für die untersuchten Arten eine kalkulierbare Störquelle bedeuteten, "an die sich die Tiere tatsächlich gewöhnen können".

Gravierende Störwirkungen sind nach den Erkenntnissen auszuschließen. Im Gegenteil: Direkt an den Windkraftanlagen konnte die Wissenschaftlerin sogar mehr Hasen, Rebhühner und Rabenkrähen zählen als in den windturbinenfreien Vergleichsgebieten. Als Erklärung für diesen gänzlich unerwarteten Befund bietet Menzel gleich mehrere Hypothesen an. Die wild wachsende Vegetation an Zufahrtswegen und Fundamenten böte zusätzlich Nahrung und Deckung. Außerdem sei es möglich, dass die Windräder Raubvögel vertrieben, die ansonsten Jagd auf den Nachwuchs machen. Auffallend mehr Feldhasen stellte die Wissenschaftlerin rund um die Windkraftanlagen fest. Einzige mögliche Nebenwirkung für Meister Lampe: Wegen der störenden Geräusche sitzt er häufiger aufrecht und ist deshalb sichtbar. Aber das kann ja nur im der Interesse der Landesjägerschaft sein. JÜRGEN VOGES (taz Nr. 6512 vom 2.8.2001, Seite 8, 85 TAZ-Bericht, JÜRGEN VOGES)


Institut für Wildtierforschung der Tierärztlichen Hochschule Hannover


Windindustrieanlagen & die Jagd


Ein Wildmeister aus Mechernich in der Eifel: »Forschung an der Natur vorbei: Zu dem Bericht "Fuchs und Hase stört das Rauschen nicht" (HANNOVERSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG 11. Juli 2001):
Das Fachgutachten der Tierärztlichen Hochschule über Lebensraumzerstörung von Wildtieren im Zusammenhang mit Windenergieanlagen hat wenig Aussagekraft. Dem Bundesjagdgesetz unterliegen 96 Wildarten, für die der Jäger verantwortlich ist, auch wenn sie nicht alle in Niedersachsen vorkommen. Tierarten, die unter einem besonderen Schutz stehen, sind in ihrer Anzahl noch einmal doppelt so hoch. Von dieser Artenfülle hat die Biologin für ihre Untersuchung fünf Arten ausgesucht, von denen zwei, Krähe und Fuchs, direkt von verunglückten Arten als Nahrung profitieren, was jeder Autofahrer an Straßen bei überfahrenem Wild beobachten kann.
Rehe und Hasen können nicht nur gelegentlich unter Windenergieanlagen, sondern auch an Straßenböschungen beobachtet werden, wo sie zu Hunderttausenden überfahren werden. Von dem Vertreter der Landesjägerschaft hatte man mehr Sachkunde erwartet als die Erkenntnis, Bodenbrüter könnten sich besonders gut im Bereich der Windmühlen entwickeln, weil sie vor Greifvögeln geschützt waren. Schade um das gute Geld von 250.000 Mark für die Forschung an der Natur vorbei.
Es wundert niemanden, daß Landesjagdverbände in ihren Programmen nicht mehr ernst genommen werden, Sachwalter der Natur zu sein. Richtig ist, dass Jäger (für ihre Pachtreviere wertmindernde Nachlässe erhalten, zum Teil geben sie die Reviere auf, weil Jagd in erster Linie ein Naturerlebnis darstellt, was wohl kaum im Bereich eines Windparks möglich ist. Windenergie ist keine Alternative; sie verbraucht Landschaft und zerstört Lebensräume von Wildtieren und Menschen.« Dieter Bertram, Mechernich


Wofür und warum versprechen Windfirmen örtlichen Jagdgesellschaften jährliche Schadensersatzzahlungen, wenn doch - wie sie behaupten - aufgrund mangelnder Habitate kaum Tierarten vorhanden sind und deren "geringfügige bis fehlende und keinesfalls erhebliche Beeinträchtigung" außer Frage stehen soll?

Windindustrieanlagen schaden wildlebenden Tieren!
Durch die überdimensionierten Windstromanlagen werden wildlebende Tiere unmittelbar gefährdet und vertrieben. Kilometerweit wahrnehmbare Geräusche, Lichteffekte (Schattenschlag, Discoeffekt), beunruhigen und stören die Tiere ganz erheblich. Eine besondere Rolle spielen auch die von den Großtechnologie-Anlagen ausgehenden Erschütterungen sowie die luft- und bodengetragenen Infraschallwellen, deren schädliche Einflüsse auf die Natur (insbesondere auch auf Menschen) bekannt sind, von Windfirmen aber heftig bestritten werden.

Jäger und Jagdpächter in Gebieten mit Windrädern berichten von negativen Folgen für benachbarte Gemarkungen und Reviere. Das von den Rotoren vertriebene Wild (insbesondere Rehwild) weicht in rotorfreie Gemarkungen aus und tritt dort konzentriert auf. Daraus entstehen massive Interessenkonflikte zwischen Landwirten/Winzern und Jägern bzgl. Wildschadensersatz. (Beleg: Eppelsheim und Gundersheim - Schäden in Rebanlagen durch Rehwild, von Hochborner und Flomborner Windrotoren vertrieben). Die von Windradbetreibern gerne zitierte Studie der Tiermedizinischen Hochschule Hannover weist gravierende Mängel auf. Auf eine minimale Anzahl von Wildarten beschränkt, erbrachte sie lediglich den Beweis, dass Prädatoren (Füchse und Krähen), von unter Windrotoren ausgelegten (kilometerweit stinkenden) Heringsködern angelockt, sich dort häuften. Dass diese zudem einen "reich gedeckten Tisch" durch von Windrotoren erschlagene Vogelopfer vorfinden, wurde in der nämlichen Studie nicht berücksichtigt.

Ferner werden gerade Offenlandflächen als wichtige Lebensräume, Vogelfluglinien und Rastplätze für unter anderen vom Aussterben hochgradig bedrohte Vogelarten durch Windindustrieanlagen vernichtet. Vögel und Fledermäuse (wie auch Insekten) werden von den Rotoren getötet. Zahlreiche neue Untersuchungen und Ergebnisse liegen vor. - Die Planung vernetzter Biotopsysteme, erstellt vom Landesumweltamt im Auftrag des Umweltministeriums Rheinland-Pfalz, hält unter Berücksichtigung der Lebensräume und zur Sicherung der Rastplatzfunktion für durchziehende Vögel ein Freihalten der Landschaft von Freileitungen und Windkraftanlagen für erforderlich.

Ein allgemein anerkanntes, im Auftrag des Umweltministeriums Rheinland-Pfalz erstelltes umfangreiches Gutachten der Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie (GNOR) betont, dass gerade "ausgeräumte Agrarlandschaften" eine hohe, bislang wenig erkannte Rastplatzfunktion für (gefährdete) Zugvögel aufweisen. "Hier ist die innere Qualität der ansonsten intensiven landwirtschaftlichen Produktionsstandorte zu erkennen und ein neuer landschaftsplanerischer Bewertungsansatz für solche Flächen zu fordern. Gebiete mit dem Nachweis traditioneller Rastplätze verdeutlichen, dass Agrarlandschaften zu bestimmten Jahreszeiten besondere Funktionen (Rast-, Nahrungs-, Ruhe-, Sammel-, oder Mauserplatz) bieten und dann für Zugvögel höchst attraktiv sind. Der Verlust von Rastflächen bedeutet einen in seiner Auswirkung noch nicht abzuschätzenden erheblichen Eingriff in das Zugprogramm von wandernden Vogelarten."

Im Windschatten von Windindustrieparks wurden kleinklimatische Veränderungen und Austrocknungserscheinungen beobachtet. Neben Ernteausfällen und Qualitätseinbußen für die Landwirtschft sind für wildlebende Tiere weitere Verluste von Äsungsflächen und Deckungsmöglichkeiten zu erwarten.


Niedersächsischer Jäger, 7/2002, 1. April-Ausgabe, Seite 14,
Landbuch Verlag, Postfach 160, 30001 Hannover, Fax 0511-67806-110

Wie wirken Windkraftanlagen auf Wildtiere?
Noch hoher Forschungsbedarf

Bisher gibt es keinen nachweisbaren Einfluss von Windenergieanlagen auf Rehe, Füchse, Hasen oder auf Kleinvögel, die in der Nähe solcher Anlagen leben. Allerdings sind die langfristigen Einflüsse von Windkraftanlagen auf das Fortpflanzungsverhalten dieser Tierarten bisher noch nicht erforscht. Für Zugvögel können Windenergieanlagen dagegen Barrieren darstellen, die zum weiträumigen Umfliegen bis zum Unter- oder gar Abbrechen des Vogelzuges führen können. So lauteten die wichtigsten Ergebnisse eines Arbeitsgespräches, zum dem der DJV Wildbiologen aus ganz Deutschland eingeladen hatte.

Problematisch seien Windenergieanlagen auch für Gastvögel wie Gänse, Enten und Watvögel. Auf diese Vögel übten die Energieanlagen eine große Scheuchwirkung aus, die bis zu 800 Meter betragen könne.

Nach den bisherigen Erkenntnissen können die Wissenschaftler nicht ausschließen, dass durch Windkraftanlagen auch Brunftwanderwege der Hirsche beeinträchtigt werden. Die Barrierewirkung kann so groß sein, dass der Gen-Austausch benachbarter Populationen gefährdet wird. Rotwild benötigte beispielsweise rund acht Monate, um sich an neue Windkraftanlagen zu gewöhnen.

Um negative Begleiterscheinungen auszuschließen, empfehlen die Wissenschaftler ein Paket an Vorsorgemaßnahmen vor Errichtung einer neuen Windkraftanlage. So müssten zum Beispiel Windparks mit der Raumordnungsplanung insgesamt abgestimmt werden. Notwendig seien zudem standortspezifische Analysen, die die Situation vor und nach dem Errichten einer Anlage miteinander vergleichen.

Zum Forschungsgegenstand wurden die Windenergieanlagen aufgrund ihrer hohen Zuwachsrate von 40 Prozent. Die Anlagen wachsen buchstäblich wie Pilze aus dem Boden, weil deren Errichtung stark finanziell gefördert wird. Ihr Marktanteil am Nettostromverbrauch beträgt allerdings derzeit nur rund drei Prozent. (DVJ)