Windräder am Hoheneck dürfen nicht gebaut werden
(Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 8.11.2001 - 9 K 261/01)
Die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Freiburg hat die Klage eines Energieversorgungsunternehmens gegen das Landratsamt Waldshut auf Erteilung eines Bauvorbescheids für die Errichtung von insgesamt fünf Windkraftanlagen am Hoheneck abgewiesen.
Das Unternehmen wollte auf der zur Gemarkung Oberwihl bzw. zur Gemarkung Hottingen zählenden, 820 m hoch gelegen Hochfläche Hoheneck insgesamt fünf Windkraftanlagen aufstellen, die je nach Rotorstellung 120 m hoch aufragen und eine Gesamtleistung von 5,0 bis 6,25 MW ( jährlich mehr als 10 Mio kWh) erbringen sollten. Das Landratsamt Waldshut und im Widerspruchsverfahren auch das Regierungspräsidium Freiburg hatten dies abgelehnt, da der Landschaftsschutz auch im Rahmen der Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an schadstoffarmer Energieversorgung hier nicht zurückstehen müsse.
Das Verwaltungsgericht nahm bei einem Ortstermin am 8.11.01 die Umgebung in Augenschein und entschied, der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der Windräder stünden die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege entgegen. Bei zwei Windkraftanlagen stünde außerdem noch die Grundwasserschutzverordnung für das Einzugsgebiet der Gemeinde Murg entgegen. Die geplanten Windräder wären aufgrund ihrer exponierten Stellung weithin als markanter Blickfang beispielsweise von Leibstadt, vom Schweizer Jura und vom Höchenschwandner Berg sichtbar und störten unvermeidbar die Erscheinungsform der von Bebauung weitgehend freien Hochfläche. Dieser Eingriff in das Landschaftsbild könne auch nicht anderweit ausgeglichen werden.
Daher sei hier trotz der grundsätzlichen baurechtlichen Privilegierung von (zwangsläufig exponiert zu errichtenden) Windrädern im Außenbereich naturschutzrechtlich eine Abwägung mit dem gleichfalls sehr gewichtigen öffentlichen Belang schadstoffarmer Energieversorgung vorzunehmen. Diese Abwägungsentscheidung hätten die Behörden jedoch fehlerfrei vorgenommen. Es sei keine Fehlgewichtung, dass sie die besonders reizvolle Landschaft, das bemerkenswerte Panorama, die reich strukturierte bäuerliche Kulturlandschaft und die hohe Erholungsfunktion der Umgebung im konkreten Fall über die Energieversorgungsinteressen gestellt hätten.
Zwar würden in östlicher und nordöstlicher Richtung gesehen das Atomkraftwerk Leibstadt und einige Hochspannungsfreileitungen im Bereich der B 500 bereits die Schutzwürdigkeit der Landschaft tangieren. Richtung Süden und Südosten jedoch eröffne sich vom Hoheneck aus ein freier Blick über das Tal, einzelne Siedlungen ohne ins Auge springende industrielle Bebauung und über Grünflächen und Wälder hinweg auf das Bergland des Schweizer Jura bis zu den je nach Wetterbedingungen sichtbaren Alpen. Nach dem Augenscheinstermin sei das Gericht überzeugt, dass diesem weitgehend naturnahen Landschaftspanorama ein hoher ästhetischer Eigenwert und eine über die typische Schwarzwaldlandschaft hinausgehende Qualität des Landschaftsbildes zukomme, die gegenüber Eingriffen besonders empfindlich sei.
Pressereferent Richter am Verwaltungsgericht Dr. Treiber
Verwaltungsgericht Freiburg, Pressesprecher Dr. Wilhelm Treiber, 0761 205 2880.
Der Reutlinger General-Anzeiger zum Thema:
»Oase der Ruhe erhalten«
Dieter Barth gegen Windpark auf dem »Titusenköpfle«
Burladingen. (mer) Nach Ansicht von Dietrich Barth plant die Sonnenbühler Firma Sowitec auf dem Burladinger »Titusenköpfle« eine »Versuchsanlage«. Es solle getestet werden, wie ein - in Deutschland bislang beispielloser - Windpark mit 140 Meter hohen Rädern in 870 Metern Meereshöhe funktioniere. Barth warnte in einer Contra-Windpark-Veranstaltung in Burladingen vor dem Experiment, das die Landschaft um Burladingen »verunstalten« würde und empfahl, lieber alle Energiesparmöglichkeiten auszuschöpfen.
Drei Dutzend Interessierte waren gekommen, um von Barth, der unter den Windkraftgegnern der Region einen Ruf als Fachmann genießt, zu hören, was gegen den Windpark »Titusenköpfle« spricht. Edmund Roßmeier, stellvertretender Gauobmann des Albvereins, zeigte sich ob dieser Resonanz leicht enttäuscht. »Ich hätte mit mehr gerechnet.«
Dietrich Barth stellte sich als Mitglied des Bundesverbandes Landschaftsschutz (BLS) vor und schickte vorweg, dass er »kein pauschaler Windkraftgegner« sei. Windkraftanlagen im Binnenland hält der Eninger jedoch für fehl am Platze, zum einen, weil sie hier nicht die nötigen Energieerträge lieferten, zum anderen weil die Landschaft »empfindlicher« sei. Er berief sich auf die »Empfehlungen des Bundesamts für Naturschutz zu naturschutzverträglichen Windkraftanlagen«, in denen von Windrädern an exponierten Standorten abgeraten wird. Der Referent plädierte dafür, die »Oase der Ruhe« oberhalb von Burladingen zu erhalten.
Der geplante Windpark sei, so Barth, eine Versuchsanlage: »Nirgends in Deutschland gibt es einen Windpark mit 140 Meter hohen Rädern in 870 Metern Höhe.« Barth äußerte deutliche Zweifel, dass das Experiment gut ginge. Laut Windatlas gebe es an diesem Standort gerade genug Windgeschwindigkeiten, um Subventionen zu bekommen, aber nicht genug, um Erträge zu erzielen. Er forderte, dass mindestens ein Jahr lang der Wind in Nabenhöhe gemessen werde.
Sein Fazit: Windräder im Binnenland könnten kein Kraftwerk ersetzen, sondern nur zusätzliche Energie liefern - zum Preis der »Verunstaltung des Landschaftsbildes«. Energiesparmaßnahmen seien dagegen ökologisch sinnvoller.