Runderlass 24/01.01
des Ministeriums für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr
Vom 07. Mai 2001





Bauordnungsrechtliche Anforderungen an Windkraftanlagen 
Abrissverpflichtung, Sicherheitsleistung

1. Zielstellung des Erlasses

Nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB sind Vorhaben, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dienen, als privilegierte Bauvorhaben im Außenbereich zulässig. Mit dieser Entscheidung hat sich der Bundesgesetzgeber bewusst für die erleichterte Nutzung der Windenergie entschieden und gleichzeitig in Kauf genommen, dass eine bloße Beeinträchtigung öffentlicher Belange nach § 35 Abs. 2 BauGB durch Windkraftanlagen nicht als Ablehnungsgrund herangezogen werden kann.

Nach dem Wortlaut des Gesetzes sind nur solche Vorhaben im Außenbereich zulässig, die u.a. der Nutzung der Windenergie dienen. Das bedeutet, dass mit der Aufgabe der Windenergienutzung die dienende Funktion und damit zugleich die Privilegierung der Windkraftanlage entfällt. Anders als bei Gebäuden, für die nach Wegfall der Privilegierung meistens eine andere Nutzung genehmigt werden kann, ist eine sinnvolle Nachnutzung einer aufgegebenen Windkraftanlage in der Regel nicht möglich. Selbst wenn ein ehemals privilegiertes Gebäude mangels einer genehmigungsfähigen Nachnutzung dem Verfall preisgegeben wird, werden dadurch öffentliche Belange weit weniger berührt als es bei stillgelegten Windkraftanlagen der Fall sein dürfte, die als „technische Ruinen“ im Außenbereich öffentliche Belange, insbesondere die natürliche Eigenart der Landschaft, beeinträchtigen.
 

2. Beseitigungsanordnung für Windkraftanlagen

Insbesondere wegen der Vielzahl der Windkraftanlagen, kann es nicht hingenommen werden, dass diese Anlagen nach Wegfall der Privilegierung im Außenbereich verbleiben. Die Bauaufsichtsbehörden haben daher bereits in der Baugenehmigung festzulegen, dass die Windkraftanlage nur für die Dauer der Privilegierung und damit befristet genehmigt wird. Gleichzeitig ist anzuordnen, dass Windkraftanlagen, die nicht mehr der Nutzung der Windenergie dienen und deren Privilegierung damit abgelaufen ist, beseitigt werden und der ordnungsgemäße Zustand des Grundstücks wieder hergestellt wird. 

3. Sicherheitsleistung

Zur Absicherung der Beseitigungspflicht kann die untere Bauaufsichtsbehörde vom Bauherrn eine angemessene Sicherheitsleistung verlangen.

Die Höhe der Sicherheitsleistung  wird durch die untere Bauaufsichtsbehörde festgesetzt und richtet sich nach den voraussichtlichen Kosten, die für den vollständigen Abriss der Windkraftanlage, einschließlich der Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Grundstücks, aufgewandt werden müssen. 

Das Bautechnische Prüfamt hat für verschiedene Typen von Windkraftanlagen die voraussichtlichen Abrisskosten ermittelt. Die Berechnung ist als Anlage beigefügt. Für Windkraftanlagen, die nicht in der Anlage enthalten sind, sind die Abrisskosten analog der Berechnung des Bautechnischen Prüfamtes durch die unteren Bauaufsichtsbehörden selbst zu ermitteln.

Die Ermittlungen des Bautechnischen Prüfamtes werden jährlich vervollständigt bzw. aktualisiert und den unteren Bauaufsichtsbehörden mitgeteilt.

Die Sicherheitsleistung ist durch eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft unter Verzicht auf die Einrede der Vorausklage gemäß den §§ 239 Abs. 2 und 773 Abs. 1 Nr. 1 BGB zu erbringen. Andere Arten von Sicherheitsleistungen entsprechend § 232 BGB können auf Antrag im Einzelfall zugelassen werden.

Die Sicherheitsleistung ist ganz oder teilweise zurückzugeben, wenn der Sicherungszweck erfüllt ist.

4. Nebenbestimmung in der Baugenehmigung

In die Baugenehmigungen für Windkraftanlagen ist ab sofort folgende Nebenbestimmung aufzunehmen:
 

  • „Die Baugenehmigung für die Windkraftanlage wird befristet für die Dauer der privilegierten Nutzung der Windenergie erteilt. Die Baugenehmigung erlischt, wenn die Nutzung der Windenergie dauerhaft eingestellt wird.
  • Die dauerhafte Einstellung der Windenergienutzung liegt regelmäßig dann vor, wenn die Windkraftanlage endgültig vom Netz geht oder länger als 6 Monate keinen Strom erzeugt. 
  • Der Bauherr hat die Windkraftanlage, einschließlich der Fundamente, unverzüglich nach Erlöschen der Baugenehmigung zu beseitigen und einen ordnungsgemäßen Zustand des Grundstücks wieder herzustellen. 
  • Beabsichtigt der Bauherr die Wiederinbetriebnahme einer Windkraftanlage nach Ablauf der 6-Monatsfrist, so hat er vor Fristablauf eine Fristverlängerung bei der unteren Bauaufsichtsbehörde zu beantragen.
  • Zur Absicherung der Beseitigungspflicht der Windkraftanlage und der Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Grundstücks hat der Bauherr eine angemessene Sicherheitsleistung gegenüber der unteren Bauaufsichtsbehörde zu erbringen. 
  • Die zu erbringende Sicherheitsleistung wird gemäß der als Anlage beigefügten Berechnung der voraussichtlichen Abrisskosten auf
  • ... DM   (in Worten: ... DM)
  • ... €uro   (in Worten: ... € ) 
  • festgesetzt.


Die Sicherheitsleistung ist durch eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft unter Verzicht auf die Einrede der Vorausklage gemäß den §§ 239 Abs. 2 und 773 Abs. 1 Nr. 1 BGB zu erbringen. 

Mit den Bauarbeiten darf erst begonnen werden, wenn die Bauaufsichtsbehörde die Bauarbeiten freigegeben hat. Voraussetzung für die Freigabe der Bauarbeiten gemäß § 74 Abs. 7 Satz 2 und 3 BbgBO ist die Hinterlegung der geforderten Sicherheitsleistung bei der unteren Bauaufsichtsbehörde.“ 

5. Übergangsregelung

Eine Sicherheitsleistung ist nicht zu fordern, wenn der Bauherr eine vertragliche Vereinbarung zwischen ihm und dem Grundstückseigentümer oder der Gemeinde, die eine finanzielle Regelung der Rückbauverpflichtung verbindlich beinhaltet, vorlegt und der Vertrag vor dem 1. Mai 2001 rechtsverbindlich geworden ist.
 
 
 

Appel
   

Amtlicher Umrechnungskurs 1€ = 1,95583 DM

Anlage:  Massen für WKA / Abrisskosten für WKA