Meinungen:

Ist es sinnvoll, Biblis aufgrund möglicher Terroranschläge abzuschalten?
7.800 Anlagen sind gefährdet
Die Forderung nach der sofortigen Stillegung von Biblis ist unsinnig. Die mögliche Gefährdung durch Terroristen betrifft doch nicht nur Kernkraftwerke, sondern eine ganze Reihe von Industrieanlagen und großen Gebäudekomplexen in ganz Europa und in den USA. Nach dem Bericht des Vorsitzenden der deutschen Störfallkommission, Christian Jochem, gibt es in Deutschland mehr als 7.800 Industrieanlagen, die für ihre Umwelt zur Gefahr werden könnten und deshalb der Störfallverordnung unterliegen. Und alles gegen ideologische Terroristen auszulegen ist nicht machbar. Man muss deshalb früher ansetzen und terroristische Angriffe von vornherein verhindern. Es müssen umgehend die Sicherheitsmaßnahmen. gegen Terroristen auf den Flughäfen und in den Flugzeugen verbessert werden, die ja schon zum Teil angelaufen sind. Es ist doch ein Unding, dass eine Handvoll von Terroristen, wahrscheinlich mit ein paar Messern oder ähnlichen Gerätschaften eine Weltmacht in die Knie zwingt. Man muss sich einmal vor Augen führen, dass israelische Flugzeuge noch nie das Opfer von Entführem oder Terroranschlägen gewesen sind. Bei den israelischen El Al-Maschinen sind die Kabinen der Piloten abgeschlossen und es ist zusätzlich Sicherheitspersonal an Bord. Und das seit 30 Jahren. OB Fischer sollte eher für Besonnenheit eintreten - wie der amerikanische Präsident Bush - statt zusätzlich Panik zu verbreiten. - Dr. Ludwig Lindner, Emslandstraße 5, Vorsitzender Interessenkreis für Wissenschaft und Technik, Marl (Wormser Zeitung, Druckversion, 11.10.01)


Riskant sind aber weiterhin Katastrophenfälle durch technische Defekte und Bedienungsfehler in Kernkraftwerken, die Risiken von Sabotage, terroristischen Anschlägen oder kriegerischen Angriffen, ferner die nicht mit letzter Sicherheit zu kalkulierenden Risiken einer Endlagerung. Sie sind im Prinzip bis heute weder politisch noch sachlich beherrschbar. Der schlimmste denkbare Störfall beim Betrieb eines Kernkraftwerkes ist der so genannte "Größte anzunehmende Unfall" (GAU), für den die Sicherheitssysteme einer Anlage ausgelegt sein müssen. Das betrifft vor allem die Notkühlung beim Ausfall der Kühlkreisläufe und die äußere Schutzhülle von Reaktorgebäuden. Doch was hat sich seit der Aufgabe der Wiederaufarbeitungsanlage 1989 in Wackersdorf eigentlich mit echten Ersatzmaßnahmen für Kernkraftwerke getan? Wo sind bundesweit die Regionalplanungen für Ersatzkraftwerke, z.B. mit Kohle oder Gas, damit fehlende Atomstrommengen nicht im Ausland gekauft werden müssen? Was taugen 10.000 bundesdeutsche planlos in die Landschaft plazierte WKA, wenn sie mangels Wind leistungsmäßig kein einziges Kernkraftwerk ersetzen und allenfalls kaufmännisch nur durch Stromimporte aus Nachbarstaaten substituiert werden könnten? Was taugt dann unter solchen Gesichtspunkten das Erneuerbare-Energien-Gesetz und das neue Atomgesetz, wenn unsere bisher sichere Energieversorgung gegen eine von beliebigen Investoren ausgetauscht wird, welche nur dann Strom liefern, wenn der Wind weht oder die Sonne scheint. Ob irgendwelche Behörden oder Politiker dann in der Lage sein werden, die Einhaltung dieser Gesetze überhaupt zu überwachen - wenn der Strom dauernd ausfällt?

Minister Trittin verbreitet - unbeeindruckt von der Realität - seinen Willen, mit Hilfe erneuerbarer Energien die "Energiewende noch engagierter" voranzutreiben. Die gegenwärtige Terrorismusgefahr kommt ihm dabei gelegen, seine Lügen vom Atomausstieg publikumswirksam unters Volk zu streuen. Wieso Lügen? Nun, der Atomkonsens ist in Wirklichkeit ein 30jähriger Friedensvertrag mit KKW-Betreibern und den Atomwaffensperrvertrag, welcher die Förderung der friedlichen Nutzung der Kernenergie verlangt, wurde von unserer rot-grünen Regierung anstandslos unterzeichnet. Aber Vertragsinhalte und politische Selbstdarstellung müssen ja nicht übereinstimmen - oder? Deutlich offenbart sich in Trittins Veröffentlichungen auch der Mißbrauch von Begriffen: "Kein Land der Welt steige so schnell aus der Atomenergie aus, wie die Bundesrepublik" - behauptet er in seiner Presseinformation und hat in einer unmißverständlichen Weise recht: Die Bundesrepublik ist nämlich das einzige auf dieser Welt, welches den unumkehrbaren Ausstieg mit einem Gesetz vorantreibt, welches von einer Nachfolgeregierung wieder aufgehoben werden kann.  - Wilfried Heck