FFH- und Vogelschutzgebiete
 
Ist damit in diesen Gebieten jegliche weitere Änderung von Nutzungen verboten?

Nein. 
Auch die EU weiß, daß es in der vielfach genutzten Kulturlandschaft Europas Veränderungen gibt. Es wird in und um Schutzgebiete auch weiterhin gemeindliche und städtebauliche Entwicklungen, neue Umgehungsstraßen oder international großräumige Verkehrswege, z.B. Bahnlinien, geben. Auch die Land- und Forstwirtschaft hat einen strukturellen Anpassungsbedarf, der sich auf die Schutzgebiete auswirken kann. 

Diese Entwicklung will die Richtlinie aber naturverträglich steuern. Sie hat dafür ein eigenes Instrument entwickelt: die Verträglichkeitsprüfung. 

Pläne und Projekte, sofern sie einer behördlichen Genehmigung unterliegen, sind deshalb einer Verträglichkeitsprüfung zu unterziehen.

 

Und was ist mit dem Umgebungsschutz?

Das ist tatsächlich eine neue rechtliche Verpflichtung zugunsten der Natur. Künftig müssen nicht nur Projekte und Pläne innerhalb eines FFH- oder EG-Vogelschutzgebiets auf ihre Naturverträglichkeit geprüft werden, sondern auch Projekte oder Pläne, die von außen erheblich auf das Gebiet einwirken. 

Das ist im Prinzip eine gute Sache für die Natur. Aber mit den Auswirkungen des Umgebungsschutzes sind auch Unsicherheiten verbunden. Denn alle, die genehmigungspflichtige Pläne oder Projekte haben, müssen erst am Einzelfall den Umgang mit dem Umgebungsschutz in der Verträglichkeitsprüfung lernen. 

Weil damit noch keine Erfahrungen vorliegen, sind ernst gemeinte Sorgen berechtigt. Haltlos aber sind Spekulationen über eine vermeintliche Gefährdung des Wirtschaftsstandortes Deutschland durch eine neue europäische Naturschutzbürokratie.

Bauern sind doch auch für den Naturschutz. Wenn das alles so vernünftig ist, warum protestieren denn vom Rhein bis zur Weser die Landwirte gegen den Schutz des Europäischen Naturerbes in Nordrhein-Westfalen?

Der Protest der Bauern gegen FFH-Gebietsmeldungen hat drei Gründe: 

Grund 1: 
Noch nicht als Naturschutzgebiete ausgewiesene Flächen müssen schon jetzt zumindest mit ihren Abgrenzungen nach Brüssel gemeldet werden. Erst dann findet das Gespräch über die rechtliche Ausgestaltung der Gebietsmeldung einschließlich der Förderung der Bauern statt. Bisher wurden die Gebietsabgrenzungen, die Ge- und Verbote in einem Schutzgebiet und die damit verbundene Förderung des Landes vor einer Schutzgebietsausweisung miteinander möglichst einvernehmlich abgestimmt. 

Grund 2: 
Bei der Meldung bestehender Naturschutzgebiete als FFH-Gebiete befürchtet man, daß die Landesregierung aus Brüssel gezwungen werden könnte, schärfere Auflagen für die Land- und Forstwirtschaft durchzusetzen als bisher einvernehmlich vereinbart. Bisher nicht durchgesetzte Forderungen der Naturschutzverbände könnten so z.B. über den Umweg Brüssel doch noch die Landwirtschaft belasten. Die Behörden könnten sich dann hinter dem breiten Rücken der Brüsseler Bürokratie verstecken. 

Die Grenzen der Verständigung setzt natürlich die Natur selbst. Man kann nicht auf die Meldung eines Gebietes verzichten, nur weil dies dem Wunsch der betroffenen Forst- und Landwirtschaft entspricht. Aber bei der Ausgestaltung des künftigen Schutzgebietes bleibt es bei der bewährten Praxis in Nordrhein-Westfalen: Das Verschlechterungsverbot wird in der Regel über Naturschutz- und Landschaftsschutzgebietsverordnungen umgesetzt, die Entwicklungs- und Pflegemaßnahmen werden vertraglich geregelt. Bei den großflächigen EG-Vogelschutzgebieten sind dabei auch Abstufungen von reinen Vertragszonen, Landschaftsschutzgebieten und Kernnaturschutzgebieten denkbar und vernünftig. 

Grund 3: 
Die bäuerlichen Hofstellen werden vielerorts in Naturschutzgebietsverordnungen von den Ge- und Verboten der Verordnung ausgenommen. Ihre bauliche Erweiterung ist zudem vom Bundesgesetzgeber im Baugesetzbuch besonders privilegiert im Vergleich zu anderen Bauvorhaben. Viele Betriebe können aus betriebswirtschaftlicher Sicht nur überleben, wenn sie ihren Betrieb erweitern. Die Meldung als FFH- oder Vogelschutzgebiet, so die Sorge, könnte eine solche Entwicklung in Zukunft unmöglich machen oder erschweren.

Für die Betriebserweiterung gilt in allen Fällen: Es ist bei der Baugenehmigung für einen landwirtschaftlichen Betrieb kaum denkbar, daß der Betrieb, der erst durch seine wirtschaftliche Existenz den Naturwert der zu schützenden Kulturlandschaft geschaffen hat, nun über den An- und Ausbau eines Stalles erhebliche Beeinträchtigungen des Gebietes verursacht. Das mag allenfalls für Agrarfabriken, aber nicht für bäuerliche Betriebe gelten. Die Ausweisung als FFH- oder Vogelschutzgebiet wird daher einer Betriebserweiterung in der Regel nicht entgegenstehen.