Kampf gegen "Eiswurf" und andere Gefahren
Wenn das Windrad friert und Teile verliert
Jürgen Herdin, Journalist der Südwest-Presse in Reutlingen, staunte nicht schlecht. Gerade hatte er seinen alten Ford neben einer Windkraftanlage (WKA) geparkt, als ein "infernalischer Schlag" den Wagen traf. Aus 50 Meter Höhe war ein tennisballgroßer Eisbrocken ins Dach des Autos geschlagen - ein Rotor hatte den Klumpen zu Boden geschleudert. "Eiswurf" heißt diese Gefährdung, die in den Wintermonaten von Windrädern ausgehen kann. Nicht nur die Minusgrade stellen für die Betreiber von Windkraftanlage eine Herausforderung dar. Auch wenn sich Teile lösen, wie jetzt eine Nabenverkleidung, müssen die Reparaturteams zum Einsatz. Die Spaziergänger fragen sich derweil, wie sicher ein Ausflug im Schatten der Windräder ist. NGZ-Foto: M. Reuter
Während das Internet voll von zum Teil haarsträubenden Unfallberichten ist, winken die Betreiber der Grevenbroicher WKA's ab: Sie gehen davon aus, dass es auf den Hochhalden rund um die Schloss-Stadt zu keiner Gefährdung kommen kann. Das nordrhein-westfälische Bauministerium hat es verordnet: Im Umkreis von 30 Meter müssen Warnschilder mit der Aufschrift "Windenergieanlage! Sperrbereich - Betreten verboten" aufgestellt werden. Das reicht nicht, meint der Bundesverband Landschaftsschutz: Er fordert einen größeren Sicherheitsabstand. Im "dringenden öffentlichen Interesse" müsse ein Bereich von über 300 Meter eingezäunt und damit für die Allgemeinheit unzugänglich gemacht werden. Aus gutem Grund, schließlich seien Anlagenteile und Eisbrocken bereits über 400 Meter weit geschleudert worden. Edgar Schmidt, Bürgermeister der Gemeinde Stein-Neukirch, kann davon ein Klagelied singen: Bei einer Ortsbesichtigung löste sich ein DIN A 4-großer Eisklumpen von einer Windkraftanlage auf dem "Salzburger Kopf" (Westerwaldkreis) und schlug zwei Meter neben ihm ins Erdreich ein.
"Nach meiner Meinung ist dies eine erhebliche Gefahr", urteilte Schmidt anschließend. Sein Kollege Friedhelm Hass griff energischer durch: Nachdem "nachweislich kiloschwere Eisbrocken auf die Straße geschleudert wurden", legte er eine Windturbine bei Werdum (Ostfriesland) still. Durch eine solche Maßnahme wäre Andre Schräder, Jagdpächter bei Bromskirchen (Hessen), einiger Ärger erspart geblieben: Von seinem Auto aus sah er am "Gebrannten Rücken" etwa 20 Eisbrocken durch die Luft fliegen. Einer zerschlug das Faltverdeck seines Cabriolets.
Nur einige von mehreren Beispielen von Eiswurf der jüngsten Vergangenheit. Laufen Wanderer auf den Grevenbroicher Hochhalden in Gefahr, ebenfalls durch kalte Klumpen getroffen zu werden?
Nach Ansicht von Cerstin Lange, Sprecherin der Firma Energiekontor - ihr gehören neun der WKA's auf der Vollrather Höhe - gibt es keinen Grund zu Beunruhigung: "Unsere Anlagen sind mit Unwucht-Messgeräten ausgerüstet, die sofort registrieren, wenn sich Eis auf den Blättern bildet. Die Rotoren schalten sich dann automatisch aus."
Diese Vorsichtsmaßnahme sei einerseits wegen Eiswurfs, andererseits auch aus technischen Gründen eingebaut worden, da eine Eisbildung dem Getriebe einer Anlage schaden könnte.
"Wir sind hier nicht in der Eifel", betont dagegen "Windtest"-Leiter Markus Jansen. Doch nur bei "ungünstigsten Witterungsbedingungen" - hoher Luftfeuchtigkeit und Temperaturen zwischen -1 und -3 Grad Celsius - bestehe die Gefahr, dass sich Eis an den Windrädern bildet. "Die Anlage ist eigentlich nicht frostanfällig", so die Einschätzung von Markus Jansen. Doch auch ohne den gefährlichen "Eiswurf" sollte der Spaziergänger die Nähe zu den Windenergie-Riesen nicht gedankenlos suchen - auch Teile der Räder können sich lösen. Dies beobachtete jetzt Heinz Nellen: "Von einer Anlage löste sich die Nabenverkleidung, ein Teil so groß wie eine riesige Schüssel mit zwei Metern Durchmesser stürzte zu Boden."
Was wäre wenn.....? fragt sich der besorgte Grevenbroicher. "Von einer Maschine hat sich ein Teil der Verkleidung gelöst", bestätigt Ingenieur Jansen auf Anfrage der NGZ.
"Dies wird wieder angebracht." Nach seiner Zählung sei dies aber eine Ausnahme: "Das erste Mal bei über 4.000 Anlagen." Zum Schutz der Menschen seien große Warnschilder mit dem Hinweis "Testfeld" aufgestellt. -Neuß-Grevenboicher Zeitung vom 9. Januar 2002. Autor: Herr Piel in der Grevenbroicher Redaktion der NGZ. Telefon 02181 69515. Email: wp@ngz-online.de»Die geplanten Windkraftanlagen im Skigebiet sorgen für Sorgenfalten: "Ich sehe mit zwei solchen Anlagen das Skigebiet Oberkirnach für gefährdet an", sagt er. Möglicher Eiswurf von den Rotoren der Anlagen sei nicht unproblematisch.
Größere Sicherheitsabstände gingen dagegen wieder auf das Konto der Skifahrer, die dann weniger Platz hätten. "Die Windkraftanlagen sollten einfach raus aus dem Skigebiet", so seine Meinung zum umstrittenen Thema.« Aus: Liftbetreiber mit Geschäft sehr zufriedenGefahren durch Eiswurf
Kölner Stadt-Anzeiger - Euskirchen 29.03.2001 |
Euskirchen/Eifel
Windpark Schöneseiffen Die Mühlen wegen Eisgefahr
abgeschaltet Von Franz Albert Heinen. Kreis Euskirchen/Schöneseiffen - Die Sicherheits-Abschaltung am Windpark Schöneseiffen bei Eiswurfgefahr scheint zu funktionieren. Am Dienstagmittag jedenfalls standen die 17 Riesenpropeller am Dreiborner Eck still. Der Grund war unschwer von der Bundesstraße 258 aus erkennbar: Eis hatte sich an den Flügeln gebildet. Besonders stark haftete der Panzer an der Vorderkante der Rotoren. Aber auch in Richtung der hinteren Flügelkante zogen sich Eisstreifen. Auffällig war, dass nur die Windkraftwerke bei Schöneseiffen von diesem Phänomen betroffen waren. Die nur wenig tiefer stehenden drei Kraftwerke bei Herhahn liefen problemlos. Allerdings konnte man sehen, dass im Bereich des Höhenzuges an den Schönseiffener Windmühlen auch die Bäume mit Reif überzogen waren. Etwa einen Kilometer entfernt hörte die Reifbildung auf. Offensichtlich bestehen an diesem eng begrenzten Teil des Dreiborner Plateaus meteorologische Besonderheiten, die die Eisbildung begünstigen. Womöglich spielt neben der Höhe - und den damit verbundenen relativ niedrigen Temperaturen - auch die Nähe zum Hochmoor "Hohes Venn" eine Rolle. Hohe Luftfeuchtigkeit und entsprechend niedrige Temperaturen könnten zusammen den ungewöhnlichen Eisansatz erklären. Der bei der Kreisverwaltung zuständige Geschäftsbereichsleiter Franz Unterstetter bestätigte gestern, dass es am Dreiborner Eck meteorologische Besonderheiten gäbe. Das sei beispielsweise dem Bauhof bekannt: "Es gibt kreisweit etwa 30 Stellen, wo sich auf den Straßen Glatteis bilden kann, während anderswo nicht gestreut werden muss. Das Dreiborner Eck ist eine der gefährlichen Stellen." Somit scheint es mindestens zwei Wetterlagen zu geben, bei denen die Gefahr von Eiswurf besteht: zum einen bei "Raureif-Wetter" wie am Dienstag, zum anderen beim Aufzug einer Warmfront mit Regen nach extremen Niedrig-Temperaturen. In diesem Fall gefriert der Regen auf den noch tiefgekühlten Propellern. Das ist das gleiche Phänomen wie bei "Blitzeis" auf den Straßen. Auch die Windmüller selbst waren von den Ereignissen bei Schöneseiffen überrascht worden. Sie stritten aber letztlich gegenüber der Kreisverwaltung die Möglichkeit von Eisansatz nicht mehr ab, nachdem sich die Meldungen über "Eisbomben" häuften. Bei einem laut Kreisverwaltung "sehr konstruktiven Gespräch" hatten Wind-Investoren zugesagt, bei eiskritischen Wetterlagen ihre Anlagen komplett abzuschalten. So soll werden, dass keine von einem Propeller weggeschleuderten Eisbrocken die Autofahrer auf der Bundesstraße 258 gefährden. Am Dienstag war dies offenbar der Fall. Laut Unterstetter haben die Windmüller in Schöneseiffen einen Beobachter stationiert, der bei Eisgefahr sofort die Anlagen ausschalten kann. Bisher scheint das System zu funktionieren, denn weitere Berichte über Eisbomben hat es seit Einführung der neuen Regelung nicht mehr gegeben. Allerdings berichtete Marion Schiffer von der Interessengemeinschaft "Sturmwind Lommersum", dass sich am späteren Nachmittag Eisteile von den Flügeln gelöst hätten. Offenbar seien die Platten durch die inzwischen scheinende Sonne abgetaut worden und dann durch den Wind - ohne weitere Beschleunigung durch die Rotoren - etwa 50 Meter weit in Richtung Bundesstraße gesegelt. Schiffer: "Selbst von abgeschalteten Anlagen kann offensichtlich eine Gefahr ausgehen." |
Ein
Schreiben der SGD-Nord Vollzug der LBauO Windkraftanlagen Sehr geehrter Herr Lentz, mit Schreiben vorn 12.02.01 hat uns die Kreisverwaltung Trier-Saarburg Ihr Schreiben zugeleitet. Die darin gestellten Fragen beantworte ich wie folgt: Nach den zurzeit geltenden technischen und sonstigen öffentlich-rechtlichen Baubestimmungen besteht keine Pflicht zum Einbau von Rotorblattheizungen. Vor diesem Hintergrund regelt Ziff. 5 der Anlage 2.7/10 zur bauaufsichtlich eingeführten "Richtlinie für Windkraftanlagen", dass zur Vermeidung einer möglichen Gefährdung durch Eisabwurf betriebliche bzw. technische Maßnahmen oder geeignete Abstandregelungen vorzusehen sind. Sind wegen des Standortes einschließlich seiner Umfeldnutzungen und der Anlagenart (Nabenhöhe, Rotorradius, Drehgeschwindigkeit) Gefährdungen durch Eisabwurf zu besorgen, ist folglich mit Blick auf §§ 3 Abs. 1 und 17 Abs. 2 LBauO durch geeignete mess- und regelungstechnische Einrichtungen (Meteorolgiesensoren, Vibrationssensoren u.a.) sowie Maßnahmen der Betriebsführung sicher zu stellen, dass für den Fall einer Eisbildung an den Rotorblättern der Betrieb der Anlage eingestellt wird. Um die damit einhergehenden Stillstandzeiten zu verkürzen bieten einzelne Hersteller Rotorblattheizungen an, die aber vorrangig Enteisungszwecken dienen. Wie ich oben bereits aufgezeigt habe, besteht keine Pflicht zum Einbau von Rotorblattheizungen. Insoweit erübrigt sich auch die Beantwortung der Frage, ob alle errichteten Anlagen eine derartige Heizung besitzen. Dies umso mehr, als mir keine Daten über die Anzahl eingebauter Rotorblattheizungen vorliegen. Bei stillstehenden Windkraftanlagen kann es in Folge des Abtauens vereister Rotorblätter zu einem Abfallen von Eisstücken im unmittelbaren Umfeld der Anlage kommen. Auch kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass im Einzelfall eine gleichmäßige Vereisung der Rotorblätter messtechnisch nicht ausreichend frühzeitig erkannt wird. Aus diesen Gründen hat der Anlagenbetreiber Warnschilder an gut sichtbarer Stelle anzubringen, die auf eine potenzielle Gefahr durch Eisabwurf hinweisen. Aus dem Sachzusammenhang ergibt sich, dass die v.g. Schilder Hinweis-, Warn- und Schutzfunktion haben. Es handelt sich nicht um Verkehrszeichen i.S.d. STVO. Die Mindestgröße ergibt sich aus dem Zweck des Warnschildes, sie ist jedoch nicht zentimetergenau vorgegeben. Die Hinweis-, Warn- und Schutzfunktion richtet sich auch an die Nutzer öffentlicher Wege und Straßen, soweit diese verlassen werden sollen, um sich einer nahegelegenen Windkraftanlage zu nähern. Da Windkraftanlagen bereits aus straßen- und baurechtlichen Gründen Mindestabstände einhalten müssen, ergeben sich regelmäßig keine Einschränkungen bezüglich des bestimmungsgemäßen Gebrauchs der öffentlichen Wege und Straßen, was durch die v.g. Schilder allein ohnehin nicht bewirkt werden kann. Anbringungsort und Abstand sind vom Betreiber so zu wählen, dass der Zweck derartiger Warnschilder erfüllt wird. Sie müssen unter Berücksichtigung der konkreten örtlichen Verhältnisse Topographie, Bepflanzung, Wege- und Straßenführungen u.a.) so aufgestellt bzw. angebracht werden, dass Sie von den sich der Anlage - üblicherweise über Straßen und Wege - nähernden Personen wahrgenommen werden können. Da, wie oben bereits ausgeführt, sich vorrangig Gefährdungen durch Eisabwurf bei Stillstand der Anlage ergeben können, sollte bei entsprechenden Witterungsbedingungen auf jeden Fall das unmittelbare Umfeld der Anlage gemieden werden. Eine Mehrsprachigkeit ist - wie auch bei anderen Hinweisschildern - nicht zu fordern. Die Warnfunktion sollte sich jedoch bereits aus der Gestaltung der Warnschilder ableiten lassen. Da Windkraftanlagen überwiegend in Standortbereichen errichtet werden, die meist nur tageszeitlich begrenzt und durch eine geringe Anzahl von Personen besucht werden, ist eine Beleuchtung der Warnschilder nicht zu fordern. Durch die Aufstellung von Warnschilder darf die Nutzung öffentlicher Straßen und Wege einschließlich der Wirtschaftswege im Rahmen der Zweckbestimmung nicht quasi aufgehoben werden, sodass sich die Frage in der Praxis nicht stellen dürfte. Gemäß § 3 Abs. 1 LBauO müssen bauliche Anlagen so angeordnet, errichtet und betrieben werden, dass sie die öffentliche Sicherheit oder Ordnung nicht gefährden. Ferner dürfen noch § 17 Abs. 2 LBauO Sicherheit oder Leichtigkeit des öffentlichen, Verkehrs nicht gefährdet werden. Daraus leitet sich die Pflicht. ab, durch Abstandsforderungen, betriebliche oder technische Maßnahmen einem Eiswurf auf
entgegen zu wirken. Auf das eingangs Gesagte wird insoweit verwiesen. Sollte sich im Einzelfall eine Windkraftanlage trotz Eisbildung an Rotorblättern nicht selbstständig abstellen, obwohl bei der Bestimmung des notwendigen Abstandes zu insoweit schutzwürdigen Nutzungen hiervon ausgegangen wurde und mithin eine Gefährdung durch Eisabwurf zu besorgen sein, so wird die Bauaufsichtsbehörde in der Regel die Benutzung der Anlage nach § 81 LBauO zu untersagen haben.Unabhängig davon kann der betroffene Nachbar auch zivilrechtliche Abwehransprüche geltend machen (§§ 862, 906, 1004 BGB). Nach der gemeinsamen Verwaltungsvorschrift der Staatskanzlei, des Ministeriums der Finanzen, des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau und des Ministeriums für Umwelt und Forsten vom 28.06.1996 (StK 3 - 380520-236-508/96) sind die entsprechenden Warnschilder aufzustellen. Nach meinem Kenntnisstand wird auch regelmäßig in den entsprechenden Baugenehmigungen für Windkraftanlagen auf diese Verpflichtung hingewiesen. Im Schadensfall trifft die Verantwortung den Eigentümer bzw. Betreiber der Anlage. Bei rechtmäßig genehmigten Anlagen könnte dies z.B. der Fall sein, wenn die unter Ziff. 5 der Anlage 2.7/10 zur "Richtlinie für Windkraftanlagen" genannten notwendigen betrieblichen bzw. technischen Einrichtungen zur Verhinderung einer möglichen Gefährdung durch Eiswurf nicht eingebaut wurden und infolge dessen der Schadensfall eintritt. Gegenüber der Baugenehmigungsbehörde kann ein Schadensersatzanspruch nur aus einer Amtspflichtverletzung (Art, 34 GG i.V.m. 839 BGB) heraus geltend gemacht werden. Dies könnte z.B. dann der Fall sein, wenn die Baugenehmigung offenkundig rechtswidrig erteilt worden ist, und der Schadensfall hierauf beruht. Die in Ihrer zuletzt genannten Frage beispielhaft angesprochenen Schadensfälle konnten in räumlicher Hinsicht nicht genau zugeordnet werden. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn sie mir eine genauere Standortbeschreibung der entsprechenden Anlage zwecks Überprüfung der Sach- und Rechtslage zukommen lassen könnten. Ich hoffe, Ihnen mit diesen Angaben gedient zu haben. Die Kreisverwaltung Trier-Saarburg erhält Durchschrift dieses Schreibens. Mit freundlichen Grüßen Thomas Vogt
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