Die jüngste Inbetriebnahme von großen Windrädern
bei Tiefenthal (Leininger Land) und Bitburg (Eifel) gibt
Gelegenheit, wieder einmal an die weitgehende
Sinnlosigkeit von Windrädern - zumindest im Binnenland -
zu erinnern. Sinn machen sie eigentlich nur für die von
einer unbedachten gesetzlichen Regelung zu Lasten der
Stromverbraucher (Einspeisvergütung) profitierenden
finanziellen Nutznießer, also Betreiber, Hersteller,
Grundstückseigentümer, beteiligte Gemeinden und
Spendenempfänger. Das Aufstellen von Rotortürmen auf
rheinland-pfälzischen Hügeln wird von vielen
heimatliebenden Bürgern und zahlreichen Initiativen als
schlimme Verunstaltung empfunden. Ihre besorgte Frage, ob
denn solche energietechnische Eingriffe in Natur und
Landschaft sein müssen, wird von privaten, gewerblichen
und politischen Befürwortern im Kern zumeist nach dem
Motto "Nutzen geht vor Ästhetik" beantwortet.
Diese vermeintliche Rechtfertigung ist im wesentlichen in
3 Argumentationsblöcken enthalten.
1) Windstrom vermeidet CO2 und trägt somit zum
Klimaschutz bei.
2) Windstrom schont die fossilen Ressourcen zugunsten
unserer Nachkommen.
3) Windstrom trägt zum Ausstieg aus der Atomenergie bei.
ad 1): Die 10.000 deutschen Windräder können bei
normalen Windverhältnissen etwa soviel Steinkohlestrom
ersetzen, daß 7,5 Mio t C02 vermieden werden. Das sind
gerade 'mal 1% unserer derzeitigen Gesamtemissionen, und
sehr viel mehr kann es nicht werden, selbst wenn sich
die, Wunschvorstellungen unserer Regierung verwirklichen
ließen.
Für diesen lächerlich kleinen Klimaschutzbeitrag zahlen
die Bundesbürger dieses Jahr mit ihrer Stromrechnung
ungefähr 1 Mrd DM mehr als ohne Windräder. In
Stromspargeräte und ?maßnahmen investiert, hätte man
mit diesem Betrag 2- 3 Mal soviel CO2 vermeiden k
können, und zwar unauffällig, ohne
Landschaftsverbrauch, zum direkten finanziellen Nutzen
des
enerrgiebewußten Bürgers.
ad 2): Auf Basis der gegenwärtigen Förderung reichen
unsere Steinkohlenreserven für etwa 450 Jahre. Nimmt man
an, die bestehenden 10.000 Windräder könnten 15 Jahre
normal laufen, so würde die eingesparte
Steinkohlen-Menge die Reservendauer um 1 Jahr verlängern
- eine völlig bedeutungslose theoretische
Ressourcenschonung. Für die bei Wind- und Sonnen-Fans
bis zum blinden Eifer reichende naive Begeisterung ist
das Übersehen von Widersprüchen in der eigenen
Argumentation typisch. Beim Argument 1 wird auf
Klimaschutz abgehoben, in dessen Interesse man ja am
besten Überhaupt keine Kohle mehr verbrennen sollte. Das
Argument 2 "Ressourcenschonung" dagegen besagt,
es käme, darauf an, mit Hilfe, der Windenergie,
möglichst lange Kohle verbrennen zu können.
ad 3) Unsere Kernkraftwerke gewährleisten zusammen mit
den Braunkohlekraftwerken den größten Teil der
Grundlastversorgung, namentlich für die großen
Schichtbetriebe der Chemie und des Fahrzeugbaus indem sie
z.T. über 8000 Stunden lang im Jahr "rund um die
Uhr Strich fahren" und dabei 150 Mio t CO2
vermeiden. Windräder, die sich in Abhängigkeit vom
Wetter mal schnell, mal langsam, mal gar nicht drehen,
vermögen zu diesem Sockel unserer Stromversorgung nicht
den geringsten Beitrag zu leisten, also auch kein
Kernkraftwerk zu ersetzen und keinen
"Atom-Müll" zu vermeiden. Das einer
bescheidenen Sachkenntnis Hohn sprechende demagogische
Ausspielen der "guten" Windkraft gegen die
"gefährliche" Atomkraft ist ein beschämendes
Kapitel deutscher Energiediskussion. Für das Niveau der
Windradbefürwortung ist es wiederum bezeichnend, daß
sich das Klimaschutz- und das Ausstiegsargument
gegenseitig ausschließen. Denn wenn die Windkraft unter
CO2-Verringerung das Verstromen von Steinkohle reduziert,
dann kann sie nicht gleichzeitig Uran ersetzen. Könnte
sie das aber tun, so wäre für den Klimaschutz nichts
gewonnen, da ja Atomstrom CO2-frei ist.
Mehr der Vollständigkeit halber seien noch drei
populistische Pro-Windkraftaussagen erwähnt, die zum
Gesamtbild der Anhäufung fragwürdiger Behauptungsmasse
gehören. Die immer wiederkehrende Redewendung, diese
oder jene Windräder würden soundsoviele Haushalte mit
Strom "versorgen", entbehrt einer sachlichen
Grundlage
"Versorgen" heißt in unserem Zusammenhang
"jedermann jederzeit an jedem Ort bedarfsgerecht
beliefern" und genau das können Windräder am
allerwenigsten. In den vergangenen Hitzewochen konnten
die windstillen Mühlen bei uns kaum eine kWh für die
Klimatisierung von Büros, Krankenhäusern etc.
produzieren. Keinen einzigen Haushalt versorgen die
Windmüller im echten Wortsinne. Sie überlassen die
Versorgungsaufgabe den bewährten Kohle- und
Gaskraftwerken, von denen sie kein einziges erübrigen,
sondern deren Wirtschaftlichkeit sie auch noch
beeinträchtigen, ohne dafür eine Entschädigung zu
zahlen.
Es wird immer wieder stolz auf "Tausende von
Arbeitsplätze" verwiesen, die im Windkraftgewerbe
entstanden sind. Kein Wunder, kann man dazu nur sagen,
denn mit diesen Arbeitsplätzen werden Anlagen
hergestellt, die ein Produkt erzeugen (Windstrom), das
man in jeder Menge zu beliebiger Zeit zu einem gesetzlich
garantieren profitablen Preis verkaufen kann
(Netzeinspeisung für 17 Pf/kWh). Ob man diese
wirtschaftsgeschichtlich möglicherweise einmalige
Vergünstigung als Öko-Förderung, indirekte
Subventionierung oder einfach (legalen) Goldesel nennen
soll, sei dem Leser überlassen. Sie entzieht
nichtsubventionierten Produkten und Arbeitsplätzen
Kaufkraft und stellt ein volkswirtschaftliches Ärgernis
dar. Mit solchen anti-marktwirtschaftlichen Eingriffen
kann man jeden Unfug zu einem Boom einem machen.
"Der Wind weht kostenlos, schickt keine Rechnung ,
geht nie zur Neige". Für die Faszination solcher
Wahrheiten kann man Verständnis haben, für die
Energiewirtschaft geben sie nichts her.
Es ist schon als tragisch zu bezeichnen, daß Bemühungen
zur technisch aufwendigen Erschließung regenerativer
Energiequellen (Wind, Sonne, Biomasse) unter dem
Gesichtspunkt durchhaltbarer Zukunftsgestaltung einen
falschen Akzent setzen. Um überhaupt eine Chance zu
haben, unsere Energieversorgung irgend wann einmal
nicht-fossil zu gewährleisten, muß der heutige
Energiebedarf buchstäblich auf einen Bruchteil gesenkt
werden. Die Subventionierung regenerativer Energienutzung
verleitet zu dem Trugschluß, unser heutiger
Lebensstandard könne mit umweltschonenden
Ersatzlösungen für Öl, Gas und Kohle aufrechterhalten
werden. Der für Jahrzehnte, effektivste, vordringlichste
energie- und umweltpolitische Mitteleinsatz besteht in
der Förderung von Maßnahmen, die eine wesentlich
rationellere Energieverwendung bewirken. Windräder
erzeugen einen teuren unzuverlässigen Strom 2. Klasse,
der bei rationaler, zukunftsweisender Energiepolitik gar
nicht gebraucht würde. Ein beklemmender Irrweg in jeder
Hinsicht.. Es gibt keine, vernünftige Begründung für
Wind-Riesenräder in der Landschaft. Man kann sie nur
"trotzdem" wollen.Dr. Felix Conrad
04.10.01
|
Herrn
Ministerpräsident Kurt Beck
Peter Altmeier Allee 1
55116 Mainz
Betr.: Windkraftanlagen in Rheinland-Pfalz
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
Ihr Schweigen auf mein persönliches Anschreiben vom
4.10.2001 hat mich enttäuscht. Das leicht
nachvollziehbare Fazit meines auf jahrzehntelanger
Berufserfahrung als Energiesystemanalytiker beruhenden
2-Seiten Papiers besagt, daß es keinen vernünftigen
Grund für Windräder bei uns gibt (siehe Anlage). Von
Vorteil sind sie nur für all diejenigen die von einer
nicht zu Ende gedachten gesetzlichen Regelung der
christlich-liberalen Koalition finanziell profitieren:
Betreiber, Grundstücksverpächter, Kommunen etc. Sie
bereichern sich undank einer wirtschaftsgeschichtlich
beispiellosen Privilegierung auf Kosten der Allgemeinheit
ohne Verpflichtung, fast ohne Risiko. Wie können
Sozialdemokraten eine dermaßen unsoziale Konstruktion
wie die "Einspeiseregelung und -vergütung"
dulden? Wieso lassen sie es zu, daß die Pfälzer
Hügellandschaft - für viele Bürger Inbegriff von
Heimat - von Ökoprofiteuren durch Rotortürme
verschandelt wird? Darauf glaubte ich von Ihnen als
echtem Pfälzer eine Antwort erwarten zu dürfen. Statt
dessen erhalte ich von einem Herrn Dr. Klein aus Ihrem
Wirtschaftsministerium ein Antwortschreiben, dem ich
entnehme, daß der Verfasser entweder mein Papier nicht
gelesen hat und glaubte, mit den bei diesbezüglichen
politischen Verlautbarungen üblichen Sprechblasen und
Kalauern seine Pflicht getan zu haben. Oder aber er hat
es gelesen und entsprechend seiner Vorbildung auch
verstanden, darf aber auf Grund einer "von
oben" kommenden politideologischen Leitlinie meine
Fakten, Aussagen und Gedanken nicht anerkennen bzw.
aufgreifen, und das empört mich außerordentlich.
Richtig wütend bin ich aber auf Sie und Ihre Mannschaft,
seit ich aus dem Hause Ihres Umweltministeriums ein
Antwortschreiben eines Herrn Dr. Sauer erhielt Darin
verweist mich der Verfasser auf die "Beantwortung
der Großen Landtagsanfrage" zur Windenergienutzung
(Aug.01), die zu den von mir angeschnittenen
Argumentationsblöcken überhaupt nichts hergibt. - Eine
derbe Zumutung!
Wenn ich mir nun vorstelle, daß die Herren Dr. Klein und
Dr. Sauer möglicherweise in die wissenschaftliche
Politikberatung Ihres Kabinetts einbezogen sind, so muß
man mit dem Schlimmsten rechnen, nämlich mit einer
Zunahme der Landschaftsschändung und der sinnlosen
Mehrbelastung der Bevölkerung durch Ihre Windpolitik. In
diese Richtung weist auch die von Ihrem
Wirtschaftsministerium bestellte
"Kosten-Nutzen-Analyse" (KNA) der
Windenergie-Förderung in unserem Lande. Als ehemaliger
Energie-Systemanalytiker, der zu Zeiten des
hervorragenden Forschungsministers Matthöfer (SPD) die
grundsätzliche Sinnlosigkeit der
Regenerativen-Förderung begriffen hat, kann ich über
dieses fachlich und methodisch dilettantische Papier nur
den Kopf schütteln. In jedem besseren Lexikon (z.B.
Brockhaus) kann man nachlesen, daß die KNA etwas anderes
ist, als das was Professor Fallen auf S. 7 schreibt. Eine
KNA vergleicht alternative Mittelverwendungen auf einer
fiktiven Bewertungsbasis, um die Entscheidung für das
eine oder das andere Projekt ex ante zu Erleichtern. Das
Mindeste hätte hier darin bestanden, die
Windenergie-Förderung (zur CO2 -Verringerung
hauptsächlich) mit der Förderung von Maßnahmen zur
Strom-Einsparung zu Vergleichen. Ein kompetent erstelltes
Gutachten würde zu dem Ergebnis kommen, daß die von
Ihnen zu vertretenden 24 Mio. DM zur
Windenergie-Förderung vergleichsweise eine schiere
Verschwendung von Staatsmitteln bedeuten.
Ich möchte Sie nochmals eindringlich darum bitten, sich
mit Ihrer ganzen Autorität und Reputation dafür
einzusetzen, daß die Windmühlenbarbarei gestoppt wird:
Es dürfen keine sog. Vorrangflächen mehr definiert
werden. Rheinland-Pfalz hat seine
Regenerativen-Schuldigkeit getan! Niemand zwingt Sie,
noch mehr Rotoren bauen zu lassen. Bekennen Sie sich zu
einer zukunftsweisenden Energiepolitik mit höchster
Priorität der rationellen Stromverwendung. "Weniger
brauchen", nicht "anders produzieren"
lautet die Botschaft prominenter Systemanalytiker und
Zukunftsforscher. Land und Leute werden es Ihnen danken,
wenn Sie den "falschen Dampfer'' verlassen und als
1. Ministerpräsident Deutschlands ein
Energie-Effizienz-Programm auf Kurs bringen.
Zwischenzeitlich schließe ich mich zwei aufopferungsvoll
tätigen Bürgerinitiativen zum
Schutz der Landschaft vor weiteren Rotortürmen in
Schallodenbach und Flörsheim-Dalsheim an und werde mich
sowohl politisch als auch publizistisch gegen den von
Ihnen zu verantwortenden "Wind-Wahn" einsetzen.
Insbesondere geht es uns um den Abriß illegal
errichteter Windmühlen in unserer Region.
Mit freundlichen Grüßen verbleibe ich
Felix Conrad
Kopie: Wirtschaftsministerium, Umweltministerium |